Braucht niemand: Gutachten für nicht vorhandenen Sanierungsbedarf

[Beitrag 6955] – Ein zu hohes WEG-Rücklagenkonto weckt Begehrlichkeiten

Typischer Fall von “zu viel Geld” auf dem Bankkonto der Eigentümergemeinschaft – oder “Einleitung von größeren Sanierungsmaßnahmen kurz vor Verlängerung des Verwaltervertrags/Neuwahl Hausverwalter”.
Hervorzuheben sei, dass der Verwalter ohne Beschluss diese Gutachten auf Kosten der Eigentümergemeinschaft in Auftrag gab. Weiter ist positiv zu bemerken, dass ich der Gutachter als auch Hausmeister neutral verhielten,  n i c h t  als verlängerter Arm des Hausverwalters.

Praxisfall
Nicht schlecht staunten die Eigentümer einer WEG als sie auf der Jahres-Hausgeldabrechnung folgende Position entdeckten: “Ingenieur- und Architektenleistung: 1.720,58 €”.
-> Warum, wieso? Wo ist das Problem? Feuchtigkeitsprobleme waren bisher unbekannt.
-> Auch einen entsprechenden Beschluss der Eigentümer für die Beauftragung eines Gutachters hatte es nie gegeben.
Die entsprechenden Rechnung wurde eingesehen, aber diese verwies nur auf ein erstelltes Gutachten, das der Rechnung beilag.
Also wurde um Zusendung des Gutachtens gebeten. Dies ist heute einfach und ohne viel Mühe als PDF und Anlage zu einer Email versendbar.

Erstellt wurde das Gutachten von einem Sachverständigen für Feuchtigkeitschäden.


Titel des Gutachtens:
Feuchtigkeitsuntersuchung der Häuser……

Kapitel 1: Auftrag

“Der Unterzeichner wurde per Email vom ….. beauftragt, das Kellermauerwerk des Wohnkomplexes…. …….. auf eine Feuchtigkeitsbelastung zu untersuchen und ein schriftliches Gutachten abzugeben.”

Kapitel 2: Zweck und Ziel
“Das Gutachten soll der Eigentümergemeinschaft als Entscheidungshilfe für eventuell einzuleitende Sanierungsmaßnahmen dienen.”  (!!!)
->Hallo? “eventuell einzuleitende”?? Gibt es denn kein konkretes Problem?? Oder soll nur Geld verpraßt werden, am besten noch überteuert und bei Seilschaften/nahestehenden Bekannten der Hausverwaltung?.. die sich wiederum bei der Hausverwaltung in besonderer Weise bedanken werden….

Kapitel 3. Verwendete Unterlagen
“Dem Auftraggeber können keine Unterlagen zur Verfügung gestellt werden. Es wurde Erkenntnisse aus dem Ortstermin vom ….verwendet.”
-> spricht ja “für” die Hausverwaltung, dass keinerlei Unterlagen zur Verfügung gestellt wurden.
-> noch “mehr” spricht für diese Hausverwaltung, die ihr Büro in der Nähe der Wohnanlage hat, dass es kein Mitarbeiter für nötig hielt, dem Ortstermin beizuwohnen.

– es folgen viele Bilder der Häuser und der Keller –

Bei der Kellerbeschreibung wird vermerkt: “….der Sockel der Gebäude wurde mit Sperrputz verputzt. Nach Angaben des Hauswarts gibt es keine Feuchtigkeitsschäden in den Erdgeschosswohnungen.”
-> Na, prima! Nirgendwo Probleme mit Feuchtigkeit – Warum denn die Prüfung?

– es folgen Messergebnisse und Graphiken –

Kapitel 7: Auswertung des Messergebnisses
“Die Beprobungen an 4 Messachsen über dem Gebäudekomplex verteilt, haben gezeigt, dass das Mauerwerk trocken ist.
Die Außenwände der im Heizraum tiefer liegenden Räume weisen eine leicht erhöhte Feuchtigkeit auf. Der sich ablösende Anstrich stellt lediglich eine optischen Mangel dar. Es besteht keine Gefahr für die Bausubstanz.”

Kapitel 8: Instandsetzungsmaßnahmen
“Es sind keine Bauwerkstrockenlegungsmaßnahmen erforderlich!
Der Gebäudekomplex weist eine sehr guten baulichen Zustand auf.”

Fazit:
Der Verwalter hat ohne Beschluss der Eigentümer einen Gutachter beauftragt für ein Problem das es nie gab! Es sollte eine “Entscheidungshilfe für evtl. einzuleitende Sanierungsarbeiten” erstellt werden.
!! Interessanterweise neigt sich der Verwaltervertrag dem Ende zu!
Oft wird versucht durch den Beginn größerer Sanierungsmaßnahmen eine Wiederwahl bzw. Vertragsverlängerung zu bewirken!

Es wird empfohlen, den Verwalter zu befragen. Dann ggf. einen Antrag auf Schadensersatz zu stellen, denn das Gutachten war unsinnig.
Weiter wird empfohlen, sich von diesem Verwaler zu trennen.

Bezeichnenderweise wies das Bankguthaben dieser Eigentümergemeinschaft einen sehr hohen Betrag auf. Es ist offensichtlich, dass der Verwalter sich bemühte, “Sanierungsmaßnahmen zu initiieren”, auch wenn kein Bedarf vorhanden war.
Glücklicherweise durchkreuzte dieser Gutachter des Verwalters Pläne, indem er von einer “Bauwerkstrockenlegungsmaßnahmen” für unnötig hielt (Gutachten, Kapitel 7).

Empfohlene Maßnahmen

Beschlußvorlage/Beschlußvorschlag

Wer mit dem Handeln der Hausverwaltung nicht einverstanden ist, sollte dies auf der Versammlung thematisieren. Hierzu muss fristgemäß ein entsprechender Antrag zur Tagesordnung eingereicht werden. Dieser könnte so aussehen:

TOP XX  Schadensersatz-Forderung gegenüber der Hausverwaltung XY GmbH in Höhe von 1.720,58 € (Gutachten von Sven Sachverständiger)
Am……. beauftragte die Hausverwaltung einen Gutachter „das Kellermauerwerk des Wohnkomplexes…. …….. auf eine Feuchtigkeitsbelastung zu untersuchen und ein schriftliches Gutachten abzugeben.”
Ein konkreter Anlass lag nicht vor:
– weder gab es einen Beschluss der Eigentümergemeinschaft
– noch gab es akute Feuchtigkeitsprobleme im Keller oder den Erdgeschoßwohnungen
Die Hausverwaltung XY GmbH überschreitet ihre Kompetenzen und verursacht unnötig Kosten in Höhe von 1.720,58 €.

Abstimmung über den untenstehenden Beschlußtext:
 „Die Hausverwaltung XY GmbH überschreitet ihre Kompetenzen und  verursacht durch die unnötige Beauftragung eines Gutachtens zur Feuchtigkeitsbelastung beim Sachverständigen Herrn Sven Sachverständiger Kosten in Höhe von 1.720,58 €
Die Hausverwaltung XY GmbH wird aufgefordert, diesen Betrag der Eigentümergemeinschaft bis zum (Frist) zu erstatten.“