Nebenkosten: So tricksen Vermieter in München

Ein älterer Artikel, der immer noch aktuell ist, das die Handlungsweise mancher Hauverwalter die gleiche geblieben ist….:

Ein Artikel der Abendzeitung München von Thomas Gautier

Mieter der Deutschen Annington und der Patrizia sind in heller Aufregung: Mal wird ein Lift berechnet, den’s gar nicht gibt – oder die Kosten für Winterdienst oder Gartenpflege explodiere

München: Jeder macht mal Fehler. Manche scheinen sie nur häufiger zu machen – so wie zwei der größten Münchner Vermieter. Der Mieterverein warnt vor Forderungen der Hausverwaltungen Patrizia und Deutsche Annington. „Sie nehmen den Mietern zu viel Geld ab“, sagt Mietervereins-Sprecherin Anja Franz der AZ.


Rolf und Heide Janssen haben nichts als Ärger mit falschen Nebenkosten-Abrechnungen. 
Foto: Gregor Feindt

Beschwerden träfen regelmäßig bei den etwa 30 Hausjuristen ein. „Es sind etwa 30 Fälle alle ein bis zwei Wochen. Es ist so häufig, dass es uns jetzt aufgefallen ist. Und es ist immer dieselbe Masche – nach dem Motto: Man kann’s ja mal probieren.“

* Die Firmen schicken laut Mieterverein unberechtigte Forderungen, etwa zu hohe Nebenkostenabrechnungen.
* Sie fordern laut Mieterverein „Mietrückstände“ ein – die sich bei Widerspruch in Luft auflösen.
* Sie erhöhen die Miete. Der Vermieter widerspricht, man einigt sich auf einen niedrigeren Betrag. Trotzdem zieht die Firma den ursprünglich höheren Betrag ein – oft über die Einzugsermächtigung. „Wenn sichMieterwehren, bekommen sie oft ihr Geld zurück“, sagt Anja Franz. „Aber viele merken es gar nicht!“
13 400 Münchner Kunden haben beide Firmen zusammen: 8500 sind Mieter der Patrizia, 4900 der DA. Da seien selbst kleinere widerrechtlich eingezogene Beträge eine Menge Holz, sagt Franz: „Kleinvieh macht auch Mist.”

DEUTSCHE ANNINGTON
Rolf und Heide Janssen haben seit 2006 Ärger mit der Deutschen Annington. Das mit rund 220.000 Wohnungen größte Immobilienunternehmen Deutschlands schickt ihnen immer wieder falsche Nebenkostenabrechnungen – wie ihren Nachbarn in den 171 Wohnungen im Block Lortzing-/Scapinellistraße in Pasing.

In Janssens Abrechnungen stimmt viel nicht. Sehr viel:

  • 2005, 2006 und 2010 sollen sie für Aufzugskosten zahlen – obwohl es keinen Aufzug gibt. Die Janssens widersprechen, die DA schreibt die fehlerhaften Posten gut. „Solche Fehler sind äußerst bedauerlich, aber leider trotz aller Sorgfalt nicht vollständig auszuschließen“, schreibt das Unternehmen auf AZ-Anfrage.
  • Der Kostenpunkt „Pflege der Außenanlagen“ ist in manchen Jahren explodiert: 2005 betrug sie bei der Wohneinheit der Janssens 435 Euro – ein Jahr später waren es plötzlich 15185 Euro. Die DA dazu: Bei der Pflege der Außenanlagen habe man die Kosten von 2005 und 2006 zusammengelegt.
  • Der Winterdienst kostet in der Abrechnung von 2005 für die Wohneinheit der Janssens 425 Euro. Ein Jahr später sind es 30 437 Euro – 71 mal mehr! Von 2009 bis 2010 springen die Kosten von 19060 auf 48592 Euro – das ist zweieinhalb mal so viel. Laut DA habe man die Winterdienstkosten von 2005 und 2006 zusammengelegt – wie bei den Außenanlagen. Der hohe Sprung von 2009 auf 2010 liege am harten Winter: „2009 mussten Schnee und Eis 35 Mal beseitigt werden, 2010 neunzig Mal“, so eine Sprecherin. Für Anja Franz ist das „nicht nachvollziehbar“. Der Winterdienst 2010 kostete die Janssens 383 Euro – laut Betriebskostenspiegel, der Mietern einen Anhaltspunkt über die Höhe korrekter Forderungen gibt, sollten es bei ihrer 87-Quadratmeter-Wohnung 31 Euro sein.

Die Janssens lassen sich das nicht gefallen. Sie widersprachen in vielen Fällen, gingen zum Mieterverein und gründeten eine Mieterinitiative. „Wir wehren uns“, sagt Rolf Janssen. „Aber viele Mieter hier sind alt und tun das nicht. Ich kenne welche, die über 1100 Euro nachgezahlt haben – sie erhielten Mahnungen, die sie unter Druck gesetzt haben.“ Klar ist: Die DA ist schon öfter mit fehlerhaften Nebenkostenabrechnungen aufgefallen. Die DA weist solche Vorwürfe allgemein zurück. „Unsere Nebenkostenabrechnungen entsprechen einem hohen Standard“, sagt eine Sprecherin.

PATRIZIA
Auch die Patrizia fällt immer wieder unangenehm mit falschen Nebenkosten auf, sagt Anja Franz – oder mit angeblichen „Mietrückständen“. Hier ein aktueller Fall (siehe Ausrisse unten) – der laut Anja Franz stellvertretend für „viele hunderte“ steht:

    • Ein Münchner Mieter bekommt einen Brief von der Patrizia. Inhalt: Bei den Mieten Februar und März 2012 seien 235 Euro offen.
    • Der Mieterverein widerspricht. Die Mieten seien bezahlt.
    • Die Patrizia entschuldigt sich und verweist auf einen „Systemfehler“.
    • Ein paar Tage später schickt die Patrizia eine Mahnung über 15 Euro.
    • Neuer Widerspruch
    • Die Patrizia nimmt die Forderung zurück– und schreibt: „Wir bitten Sie, Ihr Mitglied darauf hinzuweisen, die Miete bis zum dritten Werktag eines Monats zu leisten.“

Eine Sprecherin der Patrizia entschuldigt sich auf AZ-Anfrage: „In der Tat hat Patrizia vor ein paar Monaten auf ein neues IT-System umgestellt.“ Dabei seien leider Probleme aufgetreten, „was uns sehr leid tut“. Es handle sich um ein rein technisches Problem

Ob die vielen Fehler an der Organisation liegen oder System sind, mag Anja Franz nicht beurteilen. „Selbst wenn man diesen Wohnungsunternehmen keinen Vorsatz unterstellt, so fragt man sich doch, wie chaotisch die Organisation in diesen Unternehmen sein muss.“

Die Nebenkostenabrechnungen der Janssens: Der Winterdienst steigt in einem Jahr von 425 auf 30 437 Euro, ein weiteres Jahr noch einmal von 19.060 auf 48592 Euro. Dazu kommen in drei Jahren Aufzugskosten – obwohl es gar keinen Lift gibt.

 

 

 

 

 

 

 

Ein typisches Beispiel für falsche Forderungen der PATRIZIA:
Im ersten Schreiben fordert die Hausverwaltung Mietrückstände von 235 Euro ein. Der Mieterverein widerspricht, die Patrizia spricht von einem Systemfehler – um ein paar Tage später noch Mahngebühren über 15 Euro nachzuschicken. Nach dem zweiten Widerspruch nimmt die Patrizia auch diese Forderung zurück.  

Schreibe einen Kommentar