Unsinns-Beschlüsse vermeiden – durch klare Vorabinfos zu WEG-Tagesordnungspunkten (TOPs)

Oft gehen Miteigentümer in eine Eigentümerversammlung und wissen nicht genau, über was sie zu beschließen haben. Wenn sie rausgehen wissen sie nicht mehr. Nur dann ist es zu spät.

Dies ist kein Zufall – dies hat Methode: es handelt sich um strategisches “Dummhalten” der Wohnungseigentümer durch unseriöse Hausverwalter und ihre Beiräte.

Denn unseriösen Hausverwaltern manipulieren gerne.  Dabei hilft die Intransparenz.
Je weniger die Eigentümer wirklich wissen – je besser. Dies kann durch fehlende Information erzielt werden oder durch falsche oder zu viele Informationen. Im letzten Fall werden Miteigentümer vor den Versammlungen regelrecht “zugemüllt” von zahlreichen Unterlagen und dicken Stapeln Anlagen, von denen der Verwalter hofft, dass sie sowieso nicht gelesen werden.

Dem unseriösen Verwalter ist nicht daran gelegen, dass die Eigentümer wirklich verstehen, welches Thema behandelt wird.
Ziel des “Verwirrspiels”  ist es, gewisse Beschlüsse – gerne zum persönlichen Vorteil des unseriösen Verwalters oder seiner Verwalter-nahen Beiräte – von der Eigentümergemeinschaft “absegnen” zu lassen.
Wenn die Eigentümer später verstehen, um was es wirklich ging, ist es oft zu spät: ohne Beschlußanfechtung ist der Beschluss – so unsinnig er sein mag – einen Monat nach dem Versammlungstag  meist rechtskräftig (Beschlußanfechtungsfrist: 1 Monat nach Versammlung).

Wie dem entgegenwirken?
1. Die genaue “Bezeichnung / Benennung” der Tagesordnungspunkte in der Einladung.
Das Wohnungseigentumsgesetz fordert, dass die Tagesordnungspunkte in der Einladung müssen genau “benannt” / bezeichnet werden.
D.h. der Miteigentümer soll über die Einladung nützliche Informationen zu den zu fassenden Beschlüssen erhalten, dass er sich vorbereiten, ggf. Alternativvorschläge erarbeiten und später unterbreiten, die Unterlagen prüfen und bei verhinderter Teilnahme eine Stimmvollmacht mit “Weisung” erteilen kann.
Bei Ungenauigkeit der Tagesordnungspunkt auf der Einladung drohen Ladungsfehler und die Anfechtbarkeit der WEG-Beschüsse.

Deshalb fordert das WEG-Gesetz die “Bezeichnung” des Tagesordnungspunkts. § 23 Abs. 2 gibt Auskunft:

§ 23 Wohnungseigentümerversammlung
(1) Angelegenheiten, über die nach diesem Gesetz oder nach einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer die Wohnungseigentümer durch Beschluß entscheiden können, werden durch Beschlußfassung in einer Versammlung der Wohnungseigentümer geordnet.
(2) Zur Gültigkeit eines Beschlusses ist erforderlich, daß der Gegenstand bei der Einberufung “bezeichnet” ist.

Was heißt nun “bezeichnet”?
Die Grundregel: je komplexer das Thema, desto genauer sollte die Bezeichnung sein.
Und gerade damit sparen viele Hausverwalter. Aus Bequemlichkeit, mehr Flexibilität oder Absicht lassen sie die Eigentümer bewußt im Ungenauen, so dass die Anwesenden in der Versammlung manipuliert werden können und das Ausstellen einer Weisungs-Vollmacht von Abwesenden unmöglich ist.

Wie sind Tagesordnungspunkte lt. WEG-Gesetz zu formulieren?
Die Beschlusspunkte sind stichwortartig zu nennen.
Es soll erkennbar sein, über welches Thema diskutiert wird und ob gegebenenfalls hierzu ein Beschluss gefasst werden soll.
Die Miteigentümer sollen durch die Tagesordnung informiert werden und Sie sollen Gelegenheit erhalten zu überlegen, ob sie eine Teilnahme für notwendig erachten.
Die Beschlussgegenstände dürfen nicht zu allgemein bezeichnet werden.
An die Tagesordnung dürfen jedoch auch keine zu hohen Anforderungen gestellt werden, sie müssen nicht schon ausführliche Beschlussanträge beinhalten, auch wenn dies sehr hilfreich ist.

Praxisbeispiele wo die TOP-Bezeichnung reicht:
TOP “Bericht der Verwaltung über das abgelaufene Wirtschaftsjahr”
TOP “Genehmigung der Jahresabrechnung 2017”
TOP “Beschluss über die Entlastung der Verwaltung für das abgelaufene Wirtschaftsjahr”
TOP “Beschluss über die Genehmigung des aktuellen Wirtschaftsplans”
TOP “Wahl des Hausmeisters” – wenn ein Hausmeister eingestellt werden soll

Praxisbeispiele wo die TOP-Bezeichnung NICHT reicht:
TOP “Wohngelderhöhung”
– Auf der Eigentümerversammlung soll der Kostenverteilungsschlüssel für das kommende Wirtschaftsjahr dahingehend geändert werden, dass auf bestimmte Miteigentumsanteile ein höherer Anteil entfällt. Die Tagesordnung sieht vor “Wohngelderhöhung”.  Die Angabe ist zu unbestimmt, denn sie lässt nicht erkennen, dass das Wohngeld nur zu Lasten bestimmter Eigentümer erhöht werden soll.

TOP “Änderung Hausordnung”
– Die Eigentümergemeinschaft will ihre Hausordnung in einem Punkt ändern. Auf der Tagesordnung steht jedoch nur “Änderung der Hausordnung”. 
Die Angabe ist zu unbestimmt, denn sie lässt nicht erkennen, welche Regelung der Hausordnung geändert werden soll.

TOP “Reparaturen und Neuanschaffungen”
– wenn es konkret um die Reparatur der Heizungs-und Wasserleitungen oder die Anschaffung einer Klingelanlage mit Videokameras geht

TOP “Beschluss über ergänzende und weiterführende Beschlüsse zur Sanierung”
– wenn im Rahmen einer größeren Sanierungsmaßnahme über weitere konkrete Einzelmaßnahmen beschlossen werden soll..

Fazit: das WEG-Gesetz fordert mit der Vorgabe der “Bestimmtheit” der Tagesordnungspunkte wirklich nur Minimalanforderungen ein. Auch bei Beachtung dieser Vorgaben hat ein unseriöser Hausverwalter noch genügend Möglichkeiten, die Eigentümer zu manipulieren, verwirren und  unvorteilhafte Beschlüsse durchwinken zu lassen.
Für mehr Transparenz helfen vor allem “Beschußvorschläge”, die den Eigentümern die grobe Richtung der zu fassenden Beschlüsse aufweisen.

2. “Beschlussvorschläge/-vorlagen”: mehr VorabInfos zu Beschlüssen
Wie der Teufel das Weihwasser, so scheuen unseriöse Hausverwalter Beschlußvorlagen/-vorschläge.
Der Grund: es handelt sich um vorformulierte Vorschläge zu den zu beschließenden Beschlüssen. Nochmals…. es handelt sich um “Vorschläge”, die während der Versammlung durchaus abgeändert werden können. Trotzdem wird in den meisten Fällen in der vorgeschlagenen Richtung beschlossen.

Praxisbeispiel:
TOP “Änderung des Verteilungsschlüssels Müllentsorgung nach Wohneinheiten (Antrag von Herrn Müller)”  (Info: Tagesordnungspunkt ist genug bezeichnet).
Der Beschlussvorschlag für diesen TOP: “Die Eigentümergemeinschaft möge beschließen, dass ab dem 01.01. des kommenden Jahres die Kosten für die Müllentsorgung nicht mehr nach Miteigentumsanteilen (MEA) verteilt werden, sondern nach Wohneinheiten.”

Der Vorteil für die Eigentümer liegt auf der Hand: Neben der Benennung des Tagesordnungspunkts durch wenige Stichworte, erfährt er deutlich mehr über den anstehenden Beschluss. Er ist deutlich besser informiert, kann unterstützende oder Gegenargumente erarbeiten und vor allem bei Terminverhinderung eine Weisungs-Stimmvollmacht erteilen.
Wichtig für Vollmachten: ohne die Detailinformationen des Beschlußvorschlags ist es ihm kaum möglich eine “Weisung” zu erteilen, also die Bitte, gemäß seinem Wunsch abzustimmen. In diesem Fall bleibt nur die klassische “Pauschal-Vollmacht”, d.h. ein Eigentümer stimmt in seinem Sinne nach seinem eigenen Ermessen.

Der Nachteil für den unseriösen Hausverwalter liegt auch auf der Hand: es lässt sich weniger manipulieren. Die “Stimmung” bzw. “Stimmungsmache” in der Eigentümerversammlung kann  weniger gut ausgenutzt werden.
Das typische Argument, Beschlussvorlagen zu vermeiden: man wäre dann inhaltlich gebunden, unflexibel usw.
Deshalb: bitten Sie Ihren WEG-Hausverwalter um Beschlußvorlagen zu den Tagesordnungspunkten. Dies sollte ein Leichtes für jeden Verwalter sein.
Wenn er sich weigert, haben Sie allen Grund ihn näher im Auge zu behalten – der Verwalter wird für dieses Verhalten seine Gründe haben….

Eine noch wichtigere Hilfe für mehr Transparenz zu Tagesordnungspunkten ist die vom Verwalter unabhängige Stellungnahme engagierter und kritischer Miteigentümer.

3. Stellungnahme des Beirats/kritischen Miteigentümers
Diese steht In der Horror-Pyramide eines unseriösen Hausverwalters ganz oben. Schlimmer geht’s nicht. Ein seriöser Verwalter hat hiermit wiederum k e i n  Problem.

Praxisbeispiel:
TOP “Änderung des Verteilungsschlüssels Müllentsorgung (Antrag von Herrn Müller)”  (Info: Tagesordnungspunkt ist genug bezeichnet).
Der Beschlussvorschlag für diesen TOP: “Die Eigentümergemeinschaft möge beschließen, dass ab dem 01.01. des kommenden Jahres die Kosten für die Müllentsorgung nicht mehr nach Miteigentumsanteilen (MEA) verteilt werden, sondern nach Wohneinheiten.”
Stellungnahme des Beirats:
Da die Größe der Wohnungen in unserer Eigentümergemeinschaft sehr unterschiedlich ist, wäre eine Änderung der Kostenverteilung ungerecht, das dies kleine Wohnungen benachteiligen würde. Der Beirat empfiehlt deshalb, dem Antrag von Herrn Müller nicht stattzugeben und nicht für eine Änderung des Verteilungsschlüssels zu stimmen.”

Eine Stellungnahme setzt voraus, dass die Tagesordnungspunkte bekannt sind, bevor die Einladung versendet wird.  Normalerweise sollte die Tagesordnung mit allen Beiratsmitgliedern vorab durchgesprochen werden. Sind einzelne Beiräte als kritisch bekannt, versuchen unseriöse Hausverwalter mit Verwalter-nahen Beiräten dies zu unterbinden: die kritischen Beiräte werden von den Beiratssitzungen ausgeschlossen, erhalten auch auf Nachfrage keine Infos – oder es werden ohne ihr Wissen “in letzter Minute” noch weitere TOPs von Verwalter-nahen Miteigentümer in die Einladung aufgenommen. So werden diese kritischen Beiräte über den wirklichen Inhalt der Einladung erst per postalischer Zusendung informiert.

Lässt sich die kritische Stellungnahme schon nicht vermeiden, so bemüht sich der unseriöse Verwalter, der durch diese Stellungnahme die Durchsetzung seiner eigenen Interessen in Gefahr sieht, den Ruf des Kritikers zu schädigen. Auch hier hilfreich zur Seite: die Verwalter-nahen Miteigentümer und Beiräte, ebenfalls an der Durchsetzung ihrer persönlichen Interessen interessiert.

4. INFO-Antrag zur Tagesordnung des Beirats/kritischen Miteigentümers
Da manche Verwalter aggressiv auf Stellungnahmen seriöser Beiräte reagieren und deren Stellungnahme nur auf einem Extrablatt/Anlage zur Einladung aufnehmen und von den übrigen Tagesordnungspunkten trennen, empfiehlt es sich, fristgerecht einen “Info-Antrag” zur Tagesordnung einzureichen.
Über diesen Antrag wird nicht abgestimmt, Ziel ist a) die Information die b) in der Einladung und als Tagesordnungspunkt nummeriert aufgeführt wird.

Aber auch die Platzierung in der Liste der Tagesordnungspunkte sollte sinnvoll sein und Thematisch passen. Deshalb fügen Sie dem Antrag einen Plazierungswunsch bei.

Praxisbeispiel:
Es war bekannt, dass der Miteigentümer Y folgenden Antrag zur Tagesordnung stellen wollte: “TOP 22 – Beschlussantrag von Herrn Y: Erneuerung der Fenster und Balkontüren”

Der Antrag ist nicht nur sehr auskunftsarm und ungenau, er ist in diesem Fall auch unsinnig, da gerade für tausende Euro alle Fenster neu gestrichen worden waren.
Nichts destotrotz – die Eigentümergemeinschaft ist zu allem fähig, auch zu Unsinns-Beschlüssen, deshalb ist es besser mit einer sinnvollen Information vorzusorgen.
Die Hausverwaltung wurde ausdrücklich darüber informiert, dass auch der letzte Satz Teil des Antrags ist.

“TOP 21 – Info-Antrag zur Tagesordnung von Herrn Z – Erneuerung der Fenster und Balkontüren
“Der mir am 21.05…. vorgelegte, geplante TOP-Text “Beschlußantrag Herr Y: Erneuerung der Fenster und Balkontüren” ist zu ungenau. Es handelt sich lt. Verwaltung um einen Austausch “v o r Fälligkeit bzw. Notwendigkeit”. Die Verwaltung konnte nicht mitteilen, ob nur die Wohnung des Antragstellers betroffen ist – oder all. Auch liegen ihr nach eigener Aussage z. Z. weder Kostenschätzungen noch Angebote vor. Von einer “Beschlussfassung” ist deshalb abzuraten und der TOP sollte nur “zur Diskussion” gestellt werden. (Bitte an die Verwaltung, diesen Antrag thematisch passend vor den TOP “Erneuerung der Fenster und Balkontüren” zu setzen”.”

Ziel erreicht: Eine wichtige Information wurde nicht nur in die Tagesordnung aufgenommen, sie wurde auch an einer sinnvollen Stelle eingefügt!

So negativ diese Verhalten unseriöser Hausverwalter auch ist – es ist auch eine “Offenbarung”. Dem klarsichtigen Miteigentümer sollte auffallen, was gespielt wird.
Die erste Frage, wie immer: WEM NUTZT ES? 
Ist die heftige Kritik an dem kritischen Miteigentümer nachvollziehbar? Ist das Verhalten des Verwalters fair und sachlich – oder nur aggressiv und polemisch?
Welche persönlichen Interessen haben Verwalter und Verwalter-nahe Beiräte an der Durchsetzung dieses Beschlusses? Welcher Vorteil, welcher Nachteil ergibt sich aus dem Beschluß für die Gemeinschaft?