Verwalter ließ Versammlung platzen – um neue Gesetzgebung auszunutzen

Ein WEG-Verwalter ließ die geplante und einberufene Jahresversammlung am Tag der Versammlung “platzen”, um die Vorteile der veränderten Abstimmungsmodalitäten bei baulichen Veränderungen der neuen Gesetzgebung auszunutzen, die am 01.07. mit dem neuen WEG-Gesetz in Kraft traten.

Hintergrund: auf der Versammlung sollte ein Beschluss über eine von zwei möglichen Sanierungsvarianten getroffen werden.
Vom Beirat gewünscht und deshalb von der Verwaltung unterstützt, war der komplette Abriss der gemauerte Balkonbrüstungen. Dies gilt als “bauliche Veränderung” und erforderte bisher bei Abstimmungen eine schwer zu erreichende “Einstimmigkeit”.

In der Vergangenheit war dieser Beschluss missglückt: obwohl sich Verwalter und Beiräte vehement für eine bestimmte Sanierungsvariante einsetzten, zogen die meisten Eigentümer die preiswertere, alternative Sanierungsvariante vor.

Ab dem 01.07. wurde das WEG-Gesetzt gelockert, für Abstimmungen bezüglich “baulicher Veränderungen” war nun nur noch eine leichter zu erreichende “qualifizierte Mehrheit” nötig.
Dies stimmte Beirat und deshalb Verwaltung optimistisch, nun doch die teurere Sanierungsvariante durchsetzen zu können.

Obwohl die Umstände günstig waren – wurden sie zu spät erkannt: die geplante WEG-Versammlung war für Ende Juni vorgesehen und die Einladungen schon versendet worden. Die neue Rechtsprechung galt aber erst ab dem 01.07.

Was tun? Beirat und Verwaltung wollten unbedingt “ihre” Sanierungvariante durchsetzen – so entschied sich der Verwalter fürs absichtliche Fernbleiben von der Versammlung.
Die Wohnungseigentümer wurden nicht informiert und erschienen pünktlich am 24.06. um 18 Uhr am Versammlungsort. Bis auf den Verwalter.
Man wartete eine längere Zeit und versuchte vergeblich den Verwalter telefonisch zu erreichen. Schließlich beschlossen die Eigentümer wieder nach Hause zu gehen.
Es war ärgerlich: viele hatten sich extra Zeit genommen, waren von weit her angereist.

Was die meisten Eigentümer nicht bemerkt hatten: außer dem Verwalter fehlte noch jemand: der Architekt, der wie die übrigen Miteigentümer für den Abend geladen worden war und der seine Gedanken zur geplanten Balkon- und Fassadensanierung darlegen sollte.

Dies machte einen kritischen Miteigentümer stutzig.
Nach telefonischer Rücksprache mit dem o.g. Architekten teilte dieser mit, der Verwalter habe ihn 2-3 Tage vor der Versammlung angerufen und mitgeteilt, die “Versammlung werde aus terminlichen Gründen nicht stattfinden” – der Beweis, des absichtlichen (!) Fernbleiben des Verwalters von der Versammlung.

Dem Verwalter waren nicht nur zu diesem Zeitpunkt alle Mittel recht.
In der Folgeabstimmung fälschte in Zusammenarbeit mit den Architekten die Kostenschätzungen der Sanierungsvarianten. Um ganz sicher zu gehen fälschte er ebenfalls das Abstimmungsergebnis des Beschlusses zur Sanierung.
Hierauf wird in einem weiteren Beitrag eingegangen.

Dieser Verwalter ist heute noch hauptberuflich tätig.

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