„Wird schon stimmen!“ – Verwaltungsbeiräte zur nicht geprüfte Jahresabrechnung

Verwaltungsbeiräte: Aufgaben und Haftung
Zitat aus einem Beitrag von Monika Hillemacher:

Wer eine Wohnung besitzt, ist nicht nur für seine eigenen vier Wände zuständig. Das Haus muss auch verwaltet werden

Wer im Beirat mitbestimmen will, muss aber beachten, dass er damit bei Verlusten auch in der Haftung ist

Günther Meier gehört dem Verwaltungsbeirat seiner Eigentumswohnanlage an. Die Jahresabrechnung haben er und seine beiden Kollegen regelmäßig durchgewinkt: “Wird schon stimmen.”
Irgendwann fehlen 10 000 Euro in der Kasse, das Geld verlangen die anderen Eigentümer von Meier zurück. In diesem – fiktiven – Fall wird das ehrenamtliche Engagement im Verwaltungsbeirat teuer. Dessen Mitglieder haften generell für Fehler – und zwar einzeln. “Es haftet jeder selbst, nicht das Organ”, erläutert Gerold Happ vom Eigentümerverein Haus & Grund.

Demnach wird für alles gehaftet, was mit Geld zu tun hat. Die lasche Prüfung des Verwalters, der Abrechnung oder der Belege gehören zu den klassischen Fällen, für die Beiratsmitglieder geradestehen müssen. “Generell greift die Haftung, wenn jemand seine Pflichten nicht erfüllt hat”, sagt Happ. Die Messlatte hängt niedrig: Es gilt die im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) beschriebene allgemeine Sorgfaltspflicht, “das, was ein vernünftiger denkender Mensch gemacht hätte”.
Hätte Meier bewusst eine falsche Jahresrechnung geduldet, hätte er nicht nur nachlässig gehandelt, sondern nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs sogar schuldhaft (Az.: V ZR 44/09).

Dass die Mitgliedschaft im Verwaltungsbeirat eine ehrenamtliche Tätigkeit ist, schützt nicht vor Schadenersatzforderungen.
Es existiert keine finanzielle Obergrenze – theoretisch kann das komplette eigene Vermögen verloren gehen. Meist steht jedoch “ein Haftungsrisiko bis etwa 3000 Euro im Vordergrund”, meint Oliver Elzer, Richter am Kammergericht Berlin und Fachautor.
Unterschlägt ein Verwalter Geld, kann es schnell um fünf- bis sechsstellige Beträge gehen.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf verurteilte 1997 ein Beiratsmitglied zu 10 000 Mark Schadenersatz, der Schaden selbst betrug 330 000 Mark (Az.: 3 Wx 221/97). In dem Fall handelte es sich nur um eine Teilklage. Normalerweise könne die Zahlung immer in voller Höhe des Schadens von jedem Beirat verlangt werden.

Je mehr Aufgaben ein ehrenamtlicher Beirat übernimmt, desto größer wird das Haftungsrisiko.
Eva Günther, die im Verein Wohnen im Eigentum in Bonn ein vom Bundesverbraucherministerium gefördertes Netzwerk für Verwaltungsbeiräte leitet, plädiert dafür, sich zum eigenen Schutz auf die im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) festgelegten Aufgaben zu konzentrieren und darüber hinaus “nie zu sagen: Ich entscheide mit”. Etwa bei der Abnahme von Gewerken. “Hat der Handwerker schlampig gearbeitet, der Beirat die Arbeit abgenommen, und jetzt muss Geld nachgeschossen werden, wäre ein Haftungsfall da.” Rausreden unter Hinweis auf fehlenden Sachverstand klappt nicht.

Wer sich dennoch um teure Vorhaben wie Sanierung oder Fassadenanstrich kümmert, sollte Art und Umfang der eigenen Aufgaben von der Eigentümergemeinschaft präzise regeln lassen – und die Erlaubnis, den Rat von Fachleuten einzuholen. Bei Bedarf kann ein Haftungsausschluss oder eine Haftungsfreistellungsvereinbarung festgeschrieben werden. Sie bezieht sowohl einzelne als auch alle Mitglieder oder bestimmte Aufgaben ein. Den Abmachungen müssen im Vorfeld alle zustimmen. Formulierungshilfen hat das Netzwerk in einem im Internet veröffentlichten kostenlosen Informationsblatt zusammengefasst.

Ganz aus dem Schneider sind die Beiräte nicht. “Haftung für grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz bleibt bestehen“, betont Jurist Happ. Als grob fahrlässig wertet das WEG unter anderem den Verzicht auf eine Belegprüfung. Außerdem sollten Beiräte auf ihre jährliche Entlastung Wert legen. “Sie bedeutet Verzicht auf bis dahin entstandene und erkennbare Schadenersatzansprüche”, erläutert Richter Oliver Elzer.

Eine Versicherung kann das Risiko für Beiräte beschränken. Es gibt drei Varianten.
Erste Variante: Vermögenshaftpflicht.

Diese Police soll dem Netzwerk Verwaltungsbeiräte zufolge mindestens den Jahresumsatz der Wohnanlage umfassen. Sinnvoll ist die Versicherung auf Kosten der Gemeinschaft abzuschließen, weil alle von der Beiratsarbeit profitieren. Zur Zustimmung reicht laut Haus & Grund ein Mehrheitsbeschluss.
Zweite Variante: über die Hausverwaltung absichern. Dritte Variante: prüfen, ob die Privathaftpflicht auch bei ehrenamtlicher Tätigkeit einspringt.

Die Verwaltungsbeiräte in Eigentumsanlagen haben in der Regel immer drei Mitglieder. Hat ein einzelnes Mitglied Bedenken gegen eine von den anderen getroffene Entscheidung mit finanzieller Tragweite, sollte der “Bedenkenträger” das auch öffentlich kundtun. Dies sollte auf jeden Fall dann in einem Protokoll oder auf der Eigentümerversammlung festgehalten werden. Das beuge dem möglichen Vorwurf des persönlichen Verschuldens und damit verbundenen Haftungsfragen vor, heißt es beim Eigentümerverband Haus & Grund. „

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